„Wir werden unsere Strategie mit Leben erfüllen.“
Statement von Christian Levin
(Englisch)
Mit vereinten Kräften den Wandel in eine nachhaltige Transportwelt gestalten, diese Strategie der TRATON GROUP ist 2022 in eine neue Phase eingetreten. Jetzt geht es darum, sie mit Leben zu erfüllen und dabei neue Werte zu schaffen. Im Interview erläutert TRATON-CEO Christian Levin, wo dies bereits begonnen hat und welche Aufgaben 2023 wichtig werden.
Das Jahr 2022 war geprägt von globalen Herausforderungen. Wie blicken Sie darauf zurück?
In meinem ganzen Arbeitsleben gab es kein Jahr, in dem so viele Herausforderungen zur gleichen Zeit zusammentrafen – von der Corona-Pandemie über gestörte Lieferketten mit Engpässen bei den Halbleitern bis hin zum Krieg in der Ukraine, der Energiekrise in Europa und der Inflation. Ein wichtiges Ziel der TRATON GROUP war, dass wir dessen ungeachtet weiter Werte schaffen. Dabei sind die Marken von zentraler Bedeutung, zwei möchte ich besonders positiv hervorheben: Volkswagen Truck & Bus konnte seine Profitabilität deutlich verbessern und das Produktangebot in wesentlichen Teilen modernisieren. Auch Navistar machte deutliche Fortschritte beim Produktportfolio, und wir haben im texanischen San Antonio eine Fabrik in Betrieb genommen, um die Produktionskapazitäten zu erweitern.
Wie sieht es mit den europäischen Marken Scania und MAN aus?
Scania steht für den größten Teil des Gewinns und der Mitarbeiter in der Gruppe und hatte viele Herausforderungen zu bewältigen, zum Beispiel bei den Lieferketten. Gleichzeitig ist die Marke die erste, die die neue gemeinsame Antriebsstrang-Plattform im Markt einführt. Mit den dafür aufgestellten Lieferstrukturen wird Scania 2023 auf die Erfolgsspur zurückkehren. MAN hatte ebenfalls ein schwieriges Jahr mit vielen Restrukturierungen, aber wir werden 2023 sehen, dass auch MAN zur Wertschöpfung der Gruppe beitragen kann.
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Auf welche Weise kann TRATON den Erfolg der Marken fördern?
Die TRATON GROUP wird die Marken entscheidend dabei unterstützen, Werte zu schaffen. Hier haben wir im vergangenen Jahr wichtige Voraussetzungen geschaffen, zum Beispiel mit dem TRATON Modular System. Diese gemeinsame Produktplattform ermöglicht standardisierte Schnittstellen für unterschiedliche Konfigurationen, um die Module für kundenspezifische Lösungen optimal in das Portfolio unserer Marken zu integrieren. Mit der Zeit wird es also immer mehr gemeinsame Entwicklung innerhalb der Unternehmensgruppe geben.
Wie schnell wird das gehen?
Eine solche Entwicklung braucht Zeit. Aber um das Ganze zu beschleunigen, haben wir unsere Organisation neu aufgestellt. So haben wir 2022 eine zentrale Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufgebaut. Jeder, der im Bereich Forschung und Entwicklung arbeitet, ist jetzt Teil eines globalen Teams. Außerdem arbeiten wir zukünftig auch in anderen Bereichen noch enger zusammen, etwa im Einkauf, in der Logistik und in der Produktion. Und nicht zuletzt haben wir auf Gruppenebene eine zentrale Group Product Management Einheit eingerichtet.
In welchem Verhältnis stehen diese beiden Bereiche zueinander?
Die beiden Bereiche nehmen zusammen mit den Marken eine Schlüsselstellung ein, wenn es um Innovationskraft geht. Das Group Product Management hat als strategische Einheit die Aufgabe, die Bedürfnisse unserer Kunden zu verstehen – und zwar in allen Marken und Anwendungen. Gemeinsam mit Industrial Operations geht es dann darum, aus diesem Verständnis heraus konkrete Produkte, Services und technische Lösungen zu entwickeln, die zu diesen Bedürfnissen passen, um unsere Kunden zu bedienen. Damit stellen wir sicher, dass wir mit unseren enormen Ressourcen in Forschung und Entwicklung mit mehr als 10.000 Ingenieuren und Experten an den richtigen Technologien arbeiten, um alle unsere Kunden zum Erfolg zu führen – und somit auch unsere Marken.
„Wir brauchen gemeinsame Werte und einige einheitliche Führungsprinzipien. Mir ist aber sehr wichtig zu betonen, dass wir keine Einheitskultur anstreben.“
Christian Levin, Vorstandsvorsitzender der TRATON SE
Kommen wir zum kulturellen Aspekt der Zusammenarbeit: Welche Rolle spielen die gemeinsamen Werte, die TRATON definiert hat?
Unser Ziel ist, dass es völlig normal ist, wenn ein Mitarbeiter für unterschiedliche Marken arbeitet und seine Kompetenzen dort teilt. Man arbeitet also nicht mehr sein ganzes Berufsleben lang für eine einzige Marke, sondern man wechselt von Zeit zu Zeit. Das setzt voraus, dass wir als Gruppe über starke Werte verfügen, die den Mitarbeitern – wo immer sie auch sind – als Leitlinie und Orientierung dienen. Um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten und gemeinsame Plattformen zu bauen, profitieren wir von gemeinsamen Werten. Deswegen haben wir gruppenweit fünf Werte definiert: Kunde zuerst, Respekt, Teamgeist, Verantwortung und Verschwendung vermeiden.
Welcher dieser Werte ist am wichtigsten für die erfolgreiche Kooperation in der TRATON GROUP?
Geht es um die Zusammenarbeit in der Gruppe, dann ist aus meiner Sicht der Wert Respekt entscheidend. Jeder und jede Einzelne muss gegenüber anderen Kollegen aus anderen Firmenkulturen und Ländern Respekt aufbringen. Wir müssen neugierig sein und versuchen zu verstehen, warum die Kollegen die Dinge vielleicht auf eine andere Weise angehen als wir selbst. Denn nur wenn wir mehrere Perspektiven in Betracht ziehen und enger zusammenarbeiten, können wir das Beste aus uns herausholen. Wenn wir das mit unseren 100.000 Mitarbeitern in der gesamten TRATON GROUP umsetzen, dann haben wir ein enormes Potenzial. Der nächste Schritt wird sein, dass wir im Laufe des Jahres 2023 aufbauend auf den Werten auch gemeinsame Führungsprinzipien ausarbeiten.
Werden sich dadurch die Kulturen der Marken innerhalb der Gruppe annähern?
Wir brauchen gemeinsame Werte und einige einheitliche Führungsprinzipien. Mir ist aber sehr wichtig zu betonen, dass wir darüber hinaus keine Einheitskultur in der TRATON GROUP anstreben. Denn wir wollen die Kunden mit einbeziehen, und die haben traditionell eine starke Bindung zu den Marken. Da geht es nicht nur um die Produkte, sondern zum Beispiel auch um die Art und Weise, wie ein bestimmter Partner einer Marke mit seinen Kunden kommuniziert. Diese Einzigartigkeit wollen wir nicht verwässern.
2022 ist die TRATON-Strategie in eine neue Phase eingetreten, die Sie mit den Worten „Execution Now“ bezeichnen. Was genau meinen Sie damit?
Ich meine damit, dass wir jetzt von der Theorie in die Praxis kommen. Auf dem Papier ist die TRATON-Strategie exzellent definiert: Wir wollen den Wandel in eine nachhaltige Transportwelt gestalten. Mit dem Führungsteam innerhalb der TRATON GROUP geben wir nun das Versprechen: Wir werden liefern. Wir werden unsere Strategie mit Leben erfüllen, indem wir die operativen Herausforderungen im Detail angehen – zum Beispiel mit unserer gemeinsamen Produktplattform oder mit unserer gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Hier sind wir 2022 schon einen großen Schritt vorwärts gegangen und werden unsere Arbeit daran in diesem Jahr weiter intensivieren.
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Wie kann TRATON ein noch verantwortungsvolleres Unternehmen werden und welche Bedeutung kommt dabei der Elektrifizierung der Transportbranche zu?
Wir haben mit Scania und MAN zwei Marken, die bei ihren Nachhaltigkeitszielen bereits mit Science Based Targets arbeiten. Damit gehen sie den von der Science-Based-Targets-Initiative definierten Weg, um im Einklang mit den Zielen des Pariser Abkommens die CO2-Emissionen zu reduzieren. Navistar und Volkswagen Truck & Bus bereiten sich darauf vor, dies in naher Zukunft auch zu tun. Die Einführung von Science Based Targets ändert alles, weil wir damit unsere Arbeit für mehr Nachhaltigkeit eindeutig messen und ausrichten können. Das ist ein großer Schritt für die TRATON GROUP, um ein noch verantwortungsvolleres Unternehmen zu werden.
Das Thema Elektrifizierung ist wichtig, weil mehr als 95 Prozent unseres CO2-Fußabdrucks durch den Betrieb unserer Lkw und Busse beim Kunden entstehen. Unsere Lösung ist die Einführung batterieelektrischer Fahrzeuge. Schon jetzt haben unsere Marken ein breites Angebot. Gleichzeitig bündeln wir unsere Kräfte bei der Entwicklung von E-Fahrzeugen. Für das Jahr 2023 erwarten wir einen deutlichen Anstieg der Bestellungen von E-Fahrzeugen bei Scania, Navistar und Volkswagen Truck & Bus. MAN wird 2024 mit dem Launch des neuen eTruck durchstarten. Damit werden wir unsere Position als verantwortungsvolles Unternehmen weiter ausbauen.
Christian Levin
wurde 1967 geboren. Nach seinen Abschlüssen als Bachelor of Science in Business & Administration sowie als Master of Science in Mechanical Engineering startete er 1994 seine Karriere als Trainee bei Scania. Nach einigen Management-Stationen wurde er 2010 zum Executive Vice President und Head of Commercial Operations von Scania berufen. Ab 2019 war er als Chief Operating Officer Mitglied des Vorstands der TRATON SE. Seit Mai 2021 ist Christian Levin Chief Executive Officer von Scania und seit Oktober 2021 zusätzlich Vorstandsvorsitzender der TRATON SE.